AUSREDEN
Also ich könnte nicht auf alles verzichten… Ich finde es ja toll, dass du das machst, aber ich könnte das nie durchziehen… Ich könnte nie so kochen, das muss doch sehr kompliziert sein… dafür habe ich zu wenig Zeit… Vegetarisch finde ich gut, ich esse selber (fast) kein Fleisch… aber vegan… damit kann ich irgendwie nichts anfangen… Alle anderen bei uns essen Fleisch, da ist es schwierig für mich… Da wo ich wohne, gibt es keine veganen Sachen… Ich kaufe nur BIO-Produkte und vom Metzger, den ich kenne…
KRITIK
Aber du trägst ja auch Lederschuhe, oder? Woher kommt denn das Soja, das du trinkst? Ich habe gehört, Soja ist ganz schlecht für die Umwelt… Pflanzenesser sind für den Tod von unzähligen Tieren verantwortlich, die bei der Ernte im Erdreich getötet werden… Ich finde halt, Pflanzen haben auch eine Seele und sie haben wahrscheinlich auch ein Schmerzempfinden… Das verdirbt einem die Freude am Essen und bald darf man nichts mehr mit gutem Gewissen essen… Was geschieht denn mit unserer Kulturlandschaft, wenn da keine Kühe mehr grasen?
EGOISMUS & IGNORANZ
Jeder soll selber entscheiden, was auf seinen Teller kommt, ich lasse mir doch nichts vorschreiben… Ich bin ein Mann, ich brauche Fleisch, alles andere ist Beilage! Menschen haben schon immer Fleisch gegessen und die Milch von den Kühen muss ja irgendwie verwertet werden… Veganismus ist eine Art Religion, die wollen einen bekehren… Es gibt wohl grössere Probleme in der Welt, löst doch erst mal die!
1 Nein, ich empfinde es nicht als Verzicht, es ist eine bewusste Entscheidung.
2 Ja, am Anfang braucht es für paar Sachen eine Umstellung in der Küche. Das finde ich sehr spannend, und wenn man wie ich offen ist für Neues, ist es eine kulinarische Erweiterung und keineswegs ein Verzicht.
3 Nein, auch Tiere aus BIO-Haltung werden nicht zu Tode gestreichelt. Die meisten enden auf dieselbe Art wie Tiere aus konventioneller Haltung. Das heisst konkret: Die Betäubung der Schweine z.B. ist nicht zu 100% sicher, weder mit der Elektrozange noch beim Vergasen, es gibt eine Rate von 3-10% der Tiere, die das eigene Zerteilen erleben. Auch dem Fleisch beim Metzger, den ich kenne, sehe ich nicht an, wie das Tier gestorben ist. Manchmal kann man’s aber schmecken: Falls du noch Fleisch ist, ist dir vielleicht der Geschmack von Stressurin beim Schweinefleisch auch schon aufgefallen.
4 Ja, ich trage meine alten Lederschuhe noch und auch die Handtaschen sind noch im Einsatz. Die Sachen wegzuwerfen, ergibt schon rein ökologisch keinen Sinn.
5 Nein, ich kaufe nichts Neues mehr aus Leder. Ohne lückenlose Deklaration könnte es zudem auch sein, dass es von einem Hund stammt, der in Asien (lebend) gehäutet wurde. Ausserdem gibt es gerade für Taschen sehr schöne Alternativen, z.B. die kanadische Marke „Matt&Nat“ hat seit 1995 eine tolle Kollektion, die echten Tierhäuten in nichts nachsteht. http://mattandnat.com
6 Nein, ich habe kein schlechtes Gewissen, wenn ich Sojaprodukte konsumiere. 90% der weltweiten Sojaernte wird als Futtermittel von Tieren für die Fleisch- und Milchproduktion vernichtet. Mein kleiner Anteil, den ich als direkte Energie ohne mehrfachen Umweg via Abholzung des Regenwaldes direkt konsumiere, stammt weitgehend aus biologischem Anbau innerhalb Europas.
7 Ja, ich kann mir vorstellen, dass Pflanzen auch ein Schmerzempfinden haben. Das Schwein höre ich schreien, die Gurke nicht. Wenn du aber findest, dass Pflanzen auch eine Seele haben, wäre es hilfreich, wenn du weniger Fleisch isst, da ja alle Tiere vorher auch mit Pflanzen gefüttert wurden.
8 Nein, ich finde nicht, dass Kühe unbedingt zum Bild unserer Kulturlandschaft gehören müssen, wir haben uns ganz einfach daran gewöhnt. Wenn wir den traditionellen Kontext mal ausser Acht lassen, kann ich mir durchaus vorstellen, dass sich die Landschaft verändern wird, wenn dereinst keine Zuchttiere mehr die Wiesen bearbeiten.
9 Ja, ich habe Spass am Leben. Ich lache gerne und viel, ich esse gerne gut, trinke sogar Alkohol und nehme neugierig und interessiert die Möglichkeiten wahr, die die moderne Welt bietet. Ja, ich geniesse mein Leben. Wo immer möglich, aber ganz bewusst, ohne für Tierleid verantwortlich zu sein.
10 Nein, eine Kuh gibt nicht „einfach so“ Milch. Sie gibt wie eine menschliche Mutter nur dann Milch, wenn sie ein Baby hat, das Hunger hat und schreit, also in ihrem Fall ein Kalb. Dieses wird ihr aber in den allermeisten Fällen nach kurzer Zeit (oft in den ersten Stunden oder Tagen nach der Geburt) weggenommen und entweder innerhalb weniger Wochen zu Kalbfleisch gemästet oder später auch als Milchkuh eingesetzt.
11 Ja, Kalbfleisch ist im Prinzip ein Abfallprodukt der Milchwirtschaft. Das kann man durchaus so sehen. Menschen wollen Milchprodukte, deshalb müssen Muttertiere möglichst oft und lange Milch geben. Was die Voraussetzungen dafür sind, wissen wir nun ja.
Foto aus dem Engadin in der Schweiz, aufgenommen von Eva Herzog im Januar 2015:
12 Ja, es gibt grössere Probleme als die Frage, was auf meinem Teller landen soll und was nicht. Die Zusammenhänge zwischen den Ernährungsgewohnheiten der industrialisierten Welt und diesen grösseren Problemen – die da sind: Überbevölkerung, Welthunger, Umweltbelastung, Klimawandel, Artensterben – sind jedoch nicht mehr vom Tisch zu fegen. Es hat sehr wohl jeder und jede eine Verantwortung für sein Handeln und die damit verbundenen bewussten Entscheidungen für oder gegen etwas.
13 Nein, ich werde jetzt hier nicht alle 99 Antworten auflisten. Aber ich könnte. Ehrlich! Wer will, kann mich gerne etwas fragen. Ich werde jede Frage beantworten, selbst ausgefallene wie: „Würdest du das einzige Schwein auf einer einsamen Insel schlachten, wenn du am Verhungern wärst?“
Dafür noch ein spannender Link mit dem Titel „59 Dinge, die passiert sind, seit ich vegan lebe“. Mit Ausnahme der sportlichen Aspekte treffen alle auch auf mich zu. Ehrlich!
Manchmal wünschte ich, ich hatte mich schon früher für den veganen Weg entschieden… Aber vor 35 Jahren war ich als Vegetarierin schon fast eine Ausserirdische, und mir selbst ist der Schritt vom vegtearischen zum veganen Leben erst vor einem Jahr so richtig bewusst geworden. Das kann ich noch immer fast nicht glauben. Und eigentlich war nur ein Gespräch nötig, das mir die Augen geöffnet hat.
Nein, nicht mit einem Sektenführer. Mit einem jugendlichen Weltenbummler mit Maturaabschluss, der es vorzieht, mit einer Ausbildung zum Zimmermann geographisch unabhängig einer sinnvollen Arbeit nachzugehen , der sich auflehnt gegen die Gleichgültigkeit unter dem Deckmantel der Gewohnheit, der die globalen Zusammenhänge erkannt und mir mit fundierten und sachlichen Argumenten aufgezeigt hat, dass es nur einen verantwortungs- und wirkungsvollen Weg gibt, die Welt zu retten anstatt sie kaputt zu essen: Selbst ein Teil des Weges zu sein!