EINE LÜGE IST BEREITS DREIMAL UM DIE ERDE GELAUFEN, BEVOR SICH DIE WAHRHEIT DIE SCHUHE ANZIEHT. Mark Twain
Zwei kürzlich enttarnte Lügen möchte ich hier vergleichen. Was mich interessiert ist, wer wie darauf reagiert, wenn die Wahrheit ans Licht kommt. Wer fühlt sich hinters Licht geführt?
1. Lüge: Ich esse nur ganz wenig Fleisch. Und wenn, dann aus der Schweiz und BIO.
Diesen Satz höre ich immer wieder. Das Billigfleisch aus Tierqualhaltung essen die anderen.
Aus dem folgenden Bericht geht hervor, dass laut Selbstdeklaration der Befragten 30% aller Nahrungsmittel in der Schweiz aus BIO-Produktion stammen müssten. In Wirklichkeit sind es nur 7%, also lediglich ein Viertel des genannten Anteils. Beim besonders umweltrelevanten Fleisch ist der Anteil gar am kleinsten. Die Konsumenten lügen sich also selber an. Das beruhigt das eigene schlechte Gewissen. Alles OK. Oder nicht?
http://www.langenthalertagblatt.ch/schweiz/standard/die-konsumenten-geben-sich-gruener-als-sie-eigentlich-sind/story/27422978
Wer wird sich ob dieser Lüge entsetzen und betrogen fühlen? Die täglichen Fleischesser (ohne Fleisch kann ich nicht leben) oder Billigeinkäufer (ohne billiges Fleisch kann ich nicht jeden Tag Fleisch essen)??? Die als Lügner ertappten Konsumenten, die angeblich auf Qualität und Tierwohl achten??? Wohl eher nicht. Sie bleiben weiter angenehm anonym in der Masse der Befragten.
ES IST GEFÄHRLICH, ANDEREN ETWAS VORZUMACHEN, DENN ES ENDET DAMIT, DASS MAN SICH SELBST ETWAS VORMACHT. Eleonora Dusa
Persönlich bin ich zwar enttäuscht über das Ergebnis, aber nicht wirklich überrascht. Die grosse Mehrheit kann eigenes Fehlverhalten nicht anerkennen und entsprechend ändern, das ist ein üblicher Verdrängungsmechanismus. Es nennt sich auch kognitive Dissonanz. Das Erkennen eines Fehlers würde ja bedeuten, dass man etwas ändern sollte. Und das wollen die wenigsten. Das macht mich wütend und auch traurig. Traurig, dass so viele sich und andere auf Kosten von Tierelend und Umweltbelastung weiter belügen. Es stimmt: Lüge ist hier ein trauriger Ersatz für Wahrheit.
2. Lüge: Es gibt kein Restaurant mit Namen „La Tablesuisse“, das „Büsirücken“ oder „Hunderagout“ serviert.

latablesuisse.ch
Nach Erscheinen der Meldung entstanden innert kürzester Zeit Online-Petitionen, die diesem „barbarischen Brauch, dieser kranke Tradition“ ein Ende bereiten wollen. Es gab Morddrohungen und aus Anstand hier nicht übersetzbare Kommentare. Zwei Tage später wird bekannt, dass alles erfunden ist und es sich um eine sogenannte Viral-Kampagne handelt. Wofür, ist zum aktuellen Zeitpunkt noch unklar. Vorstellbar wäre eine Kampagne gegen das Verspeisen von Tieren im Allgemeinen.
http://www.20min.ch/schweiz/news/story/Deutsche-Werber-machen-uns-zu-Katzenfressern-17898312
Wer fühlt sich jetzt wohl verarscht? Die Vegetarier, die konsequent gar keine Tiere essen? Die Veganerinnen, die extrem konsequent auch Milchprodukte und Eier nicht auf ihrem Teller haben wollen, da auch diese mit Tierleid verbunden sind, wie unterdessen jede/r weiss? Wohl kaum. Lüge ist hier ein Mittel für „intelligent seeding“ oder einfacher gesagt: der Bericht soll zum Nachdenken anregen, in diesem Fall mittels Provokation. Das ist ihm offenbar gelungen.
Die selektiven Fleischesser könnten sich jedoch möglicherweise übertölpelt fühlen, da sie sich aus der Reserve haben locken lassen und sich vehement und teilweise mit aggressiven und hetzerischen Kommentaren und geheucheltem (selektivem) Entsetzen gegen das Züchten, Einsperren, Mästen, Töten und Essen der lieben Katzen und Hunde ausgesprochen haben. Möglicherweise, um kurz danach im Restaurant ein Schnitzel, Filet oder eine Bratwurst zu verzehren. Mit dem sicheren Wissen, dass es sich dabei ja nicht um Katze oder Hund handelt, sondern nur um ein Schwein, Kalb, Rind, Lamm oder Huhn, das gezüchtet, eingesperrt, gemästet und getötet wurde. Und das ist etwas ganz anderes als eine kranke Tradition. Oder nicht?

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